Damals bei Tisch war beides: eine verstörte Gemeinschaft und die Hoffnung, dass Gott Kraft geben würde für das, was kommt. Verunsicherung war im Raum.
Was würde geschehen, wenn man Jesus, und vielleicht viele von ihnen gleich mit, tatsächlich gefangen nehmen würde? Sie hatten Angst vor einer möglichen Verhaftung. Irgendwer würde Jesus verraten. Würde die Gemeinschaft diesen Druck aushalten können? Würden sie für das einstehen, was Jesus immer gepredigt hatte? Würden sie auch in bedrohlichen Zeiten auf die Liebe zu Gott und auf die Nächstenliebe setzen?
Dafür das gemeinsame Essen: sich gemeinsam vergewissern, dass Gott da ist, immer da war und immer da sein wird. „Danket dem Herrn; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.“ Das steht gleich in mehreren Psalmen, gesprochen zumeist in bedrohlichen Situationen. Jesus spricht den Segen, Dankgebete über Brot und Wein. Das gemeinsame Essen und Trinken als Stärkung, zur Vergebung der Sünden. Brot des Lebens.
Nur ein paar Stunden nach diesem gemeinsamen Essen laufen die Jünger davon. Keiner bleibt bei Jesus. Bei keinem reicht der Mut dafür. Wir leben aus der Vergebung, aus dem Vertrauen zu Gott, der freundlich ist, „und seine Güte währet ewiglich.“
Heute vor 75 Jahren, in den Morgenstunden des 09. April 1945, ist der Pastor und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg hingerichtet worden. Dietrich Bonhoeffer erzählt in seinen Briefen, Gedichten und Gebeten aus der Haft davon, wie Gott hilft: „Gott läßt sich aus der Welt herausdrängen ans Kreuz, Gott ist ohnmächtig und schwach in der Welt und gerade und nur so ist er bei uns und hilft uns.“ Christus, so schreibt es Bonhoeffer, helfe nicht „kraft seiner Allmacht, sondern kraft seiner Schwachheit, seines Leidens! (…) Die Bibel weist den Menschen an die Ohnmacht und das Leiden Gottes; nur der leidende Gott kann helfen.“
Kein Gott, der unberührbar über allem thronte. Güte und Freundlichkeit, ewige Liebe, die unser Leiden teilt. Bonhoeffer wirft sich Gott ganz in die Arme, auch und gerade, wenn er sich selbst innerlich als zerrissen erlebt. Sein Gedicht „Wer bin ich“ schließt er mit den Worten: „Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott. Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“ Brot des Lebens: mit allem, was mich ausmacht, auch mit dem, was mich ängstigt und verstört, bin ich bei ihm gut aufgehoben.
Unter der Überschrift „Gebete für Mitgefangene“ hat Dietrich Bonhoeffer auch ein Morgengebet geschrieben, dessen Anfang uns vielleicht auch heute helfen kann, wenn wir beten: „Gott, zu Dir rufe ich in der Frühe des Tages. Hilf mir beten und meine Gedanken sammeln zu Dir; ich kann es nicht allein. In mir ist es finster, aber bei Dir ist Licht; ich bin einsam, aber Du verläßt mich nicht; ich bin kleinmütig, aber bei Dir ist Hilfe; ich bin unruhig, aber bei Dir ist der Friede; in mir ist Bitterkeit, aber bei Dir ist Geduld; ich verstehe Deine Wege nicht, aber Du weißt den Weg für mich.“
(Zitate aus: Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung.)
Morgen erwartet Sie an Karfreitag um 15 Uhr unser erster Videogottesdienst mit Pastorin Krüger!
Herzlichst, Ihr
Pastor Klindworth